Mittwoch, 19. September 2018

KaR J/24 - mal eben zur WM an den Gardasee

Mit großer Vorfreude hingen wir, Felicia Moeltzner, Johanna Maske, Frauke Wilborn, Sebastian Freytag und Henrike Germar, am 23. August 2018 die J24 an das Auto, um uns auf die Reise zur J24-Weltmeisterschaft am Gardasee zu machen. Nach 8 Stunden Fahrt in bequemen Sitzen, dank der Auto-Leihgabe unseres Sponsors Accurat, erreichten wir unseren ersten Stop: den Starnberger See, wo wir die Nacht verbrachten. Den schönsten Teil der Strecke, durch die Berge auf den Gardasee zu, bestritten wir am Freitag. Gegen 17 Uhr in Riva del Garda angekommen, begrüßte uns ein positiv aufgeregtes Chaos im Hafen. 100 Bootscrews bereiteten emsig und engagiert ihre J24 auf das große Event vor. Wir stellten unsere J24 sicher ab und machten uns auf den Weg in unsere nahe gelegene Ferienwohnung im idyllischen Arco.

Unser Vermessungstermin war für 12 Uhr am Samstag angesetzt. Mit unseren sieben Sachen und dem Werkzeugkasten machten wir uns auf den Weg zum Vermessungsgelände. Nach Politur unseres frisch abgeschliffenen Unterschiffs schoben wir unser Schiff nervös um kurz nach zwölf auf die Vermessungsstraße. Die Italiener seien sehr gründlich und maßgenau, hieß es. Wir machten uns Sorgen um die Breite unseres Kiels. Die Waage zeigte das Mindestgewicht von 1270 Kilo, der Mast besaß die richtige Länge und die Schablonen für den Kiel passten! Wir waren erleichtert, denn das Spachteln blieb uns erspart. Im strömenden Regen stellten wir nun den Mast, um seine Vermessung zu ermöglichen. Da der Abstand zwischen Mast und Vorstag 3 Millimeter zu kurz war, mussten wir den Mastfuß nach hinten versetzen und konnten erst am Sonntagmorgen in das klare Wasser des Gardasees gekrant werden.

Am Sonntagnachmittag ging es um 15 Uhr vor der schönen Bergkulisse mit seinen Klippen und Viadukten an den Start. Mit 57 anderen Booten besegelten wir den Kurs bei 13 Knoten und einer ungewohnt großen Welle. Da wir unser Glück nicht auf die Probe stellen wollten und es nun mal so üblich ist, segelten wir mit gefülltem Spinnaker am Ziel vorbei. Mit einer guten Mittelfeldplatzierung stiegen unsere Erwartungen an unsere seglerische Leistung für die nächsten Tage. Mit einem fantastischen Blick auf 89 teilnehmende J24 im Hafenbecken wurde die Weltmeisterschaft 2018 für eröffnet erklärt. 

 
Der erste Regattatag begann um 11 Uhr am Montag Morgen mit der Steuermannsbesprechung. Auf Grund der Wetteraussichten für Donnerstag und Freitag setzte der us-amerikanische Wettfahrtleiter 3 Rennen für den Tag an. Wir liefen aus dem Hafen aus und nach kurzem Warten auf die Ora, der durch den kalten Luftzug aus den Alpen verursachte Südwind am Gardasee, ertönte um 13.30 Uhr das Startsignal. Die Startlinie bestehend aus 2 Pinnenden und dem Startboot in der Mitte war ungewöhnlich lang und unüberblickbar. Nach einem mauen Start segelten wir uns im ersten Rennen nach vorne und erzielten nach einem ambitionösen Leetonnenmanöver einen 36. Platz. Der Wind hatte zugenommen und wir trimmten von Genua auf Fock. Nach einem soliden Start auf der linken Startseite setzten wir unseren taktischen Plan um und fuhren auf die sagenumwobene Wand zu. Die Wand, eine Steilwand auf der rechten Seite des Gardasees in unserem Regattabereich, würde in der taktischen Planung der folgenden Tage eine tragenden Rolle spielen, da sie je nach Wind essentielle Winddreher und -felder beeinflusst. Mit zunehmenden Druck und daraus resultierender Krängung fuhren wir als 33igste durch das Vorwindziel und stärkten uns für die letzte Tageswettfahrt. Mit einer offensiven Starttaktik begann das Rennen und an der ersten Luvtonne zählten wir uns unter die Top 20. Wir entschieden uns gegen eine defensive Kreuz und wählten die linke Seite des Kurses, leider erreichte uns das Windfeld auf dieser Seite später als bei unseren Konkurrenten, wir verloren ein paar Boote. Die Steigerung in den Rennen über den Tag war nicht zu übersehen, die letzte Wettfahrt war mit einem 26. Platz die beste Tagesplatzierung. Durch die konstanten Platzierungen fanden wir uns nach 3 Wettfahrten in der Gesamtwertung auf dem 25. Rang, unsere Erwartungen waren übertroffen. Die Freude durfte bei einem großen Feuerwerk am Abend in Riva gefeiert werden.



Am Dienstag wählten wir einen offensiven Ansatz. Nach einem guten Start entschieden wir uns für die riskante Vorwindseite, auf der wenig Konkurrenten unterwegs waren. Wir kalkulierten  mit einem Böenfeld mit vorteilhaften Drehern. Leider ging unsere Rechnung nicht auf, die Platzierung unter den letzten zwanzig Booten am Gate gefiel uns nicht. Trotz schlechter Aussichten ersegelten wir noch einen 45. Platz.
Am Abend schlüpften die 500 Segler in ihre feinsten Klamotten, um beim Galadinner im Rocca, der Wasserburg aus dem 14. Jahrhundert, eine Menge Antipasti genießen zu dürfen.

Der dritte Tag, welcher bei manchen Seglern als der verfluchte Tag gilt, begann sehr positiv für uns. Wir entschieden uns für einen Start am rechten Pinnend und hatten daher die Möglichkeit in einer sehr freien Position auf die Wand zu zufahren. Die Wende setzten wir kurz vor dem Ufer, um mit freien Wind die Layline ansteuern zu können. Unsere Platzierung war vielver- sprechend. Mit einem sportlichen Wendemannöver kurz vor der zweiten Luvtonnenrundung überwendeten wir das britische Jugendteam, was später noch zu Konflikten führen würde. Den Vorwind fuhren wir gegnerlos auf der linken Seite des Kurses und fanden uns beim Zieleinlauf auf dem 18ten Platz wieder. Einen Platz hinter uns durch Ziel gegangen befand sich das britische Jugendteam, einen Protest gegen uns deklarierend. Im zweiten Rennen sollte uns nun der Fluch des verflixten dritten Tages einholen. Nach einem soliden Start bekamen wir an Tonne 1 Probleme beim Einreihen auf die Layline, wir hatten den Winddreher unterschätzt und konnten die Höhe zur Tonne nicht halten. Die Windbedingungen waren schwer einzuschätzen, was zu einer kritischen Situation am Luvfaß führte. Im Pulk an der Tonne kam es zu Regelverletzungen und die Bereinungsversuche von Booten zwischen den Tonnen führte zu Konflikten. Dies ohne Schäden überstanden schafften wir es, als 50igstes Boot durchs Ziel. Im Hafen angekommen erwartete uns die Protestverhandlung gegen das britische Team. Aus unserer Sicht war der Protest ungültig, das Team hatte zeitnah zum Geschehen weder Protest verlautbaren lassen, noch ihre Protestflagge gezogen. Es stand Aussage gegen Aussage und wir gingen mit unserer Zeugin in die Verhandlung. Die von der Jury erstellten Videoaufnahmen unterstützten unsere Aussage, auf dem britischen Schiff war keine rote Flagge sichtbar, sie verloren den Protest. Nach einem anstrengenden Tag genossen wir unsere italienische Pasta.
Am Donnerstagmorgen wurden die Karten neu gemischt. Wir hatten Nordwind, welcher pünktlich zu Startbeginn abnahm. Mit einem freien sauberen Start direkt beim Startboot erhofften wir uns für einige Sekunden Großes, bevor dieser Start auf Grund eines Linksdrehers mit einem allgemeinen Rückruf beendet wurde. Nach Beobachtung der Windsituation entschieden wir uns beim zweiten Startversuch für das Pinnend, mit dem Plan, das Feld von außen links zu kontrollieren und den vorher angetesteten Winddreher zur Tonne zu nutzen. Das sichtbare Druckfeld unterbot leider unsere Vorstellungen. Die Boote, welche die rechte Seite gewählt hatten, erreichten zuerst die Tonne. Auf dem folgenden Vorwind stauchte sich das Feld. Mit vielen Manövern orientierten wir uns an den Böenfeldern und holten eine gute Position ein. Die nun einsetzende Ora wirkte dem Vento aus dem Norden entgegen. Die Seeoberfläche glättete sich und der Wettfahrtleiter beschloss, kurz vor der Gaterundung dem Treiben ein Ende zu setzen. Nach erfolglosem Warten auf den Wind - Zeit, die wir zum Schwimmen nutzten - ging es ohne ein abgeschlossenes Rennen zurück in den Hafen. Unter dem Druck, noch 3 Rennen fahren zu müssen, setzte die Regattaleitung den nächsten Start für Freitagmorgen um 8.30 Uhr an.

Nach einer nächtlichen Brötchenschmieraktion und schlechten Wetteraussichten liefen wir um 7.20 Uhr bei Regen aus dem Hafen aus. Auf dem Weg zum Start begann das Gewitter. Die Einheimischen plädierten für einen Start. Wohl wegen der zunehmenden Blitze zog der US-amerikanische Wettfahrtleiter jedoch Startverschiebung im Hafen. Nach einen kurzen Aufenthalt und einem warmen Cappuccino im Hafen ertönte um 10.30 Uhr das Warnsignal. Bei 27 Knoten Wind im ersten Rennen fuhren wir mit ordentlicher Krängung eine gradiose zweite Kreuz und einen erfolgreichen Vorwind mit einigen Surfeinheiten. Mit einem 22. Platz versprachen wir uns eine Aufholjagd in den letzten beiden Rennen, aber es blieb uns verwehrt. Mit zweifacher Platzierung auf Platz 69 rutschen wir in der Gesamtwertung nach hinten. Der Wind kam untypisch aus Norden. Mit diesen Bedingungen taktisch unerfahren suchten wir stetig den freien Wind, wählten aber keine klare Seite. Kraftlos aber freudig über die tolle Woche und die unzähligen Erfahrungen fuhren wir ein letztes Mal in die schöne Kulisse des Hafens in Riva ein. Nach zügigem Abbau erwartete uns eine kleine Siegerehrung, in der die deutsche J24-Flotte einige Namensnennungen vermerken durfte. Wir freuten uns über unseren 38. Platz in der Gesamtwertung.
Bei strömenden Regen warteten wir lange auf das Kranen, bevor wir den letzten Abend der Weltmeisterschaften mit einer leckeren Pizza ausklingen ließen.

Die 14-stündige Heimfahrt über den idyllischen Brenner traten wir am Samstagmorgen an. Wir hatten eine erlebnisreiche, beglückende Woche hinter uns und waren stolz auf unsere Leistung.
Unser Dank gilt allen großzügigen und moralischen Unterstützern und Unterstützerinnen, insbesondere aber unserem Sponsor, ohne den wir diese Teilnahme nicht hätten realisieren können. Danke, Accurat! Danke Dirk Jansen!